Konzertecho von Carl Ludwig Hübsch, Februar 2015
Soundtrips NRW-Konzert im Loft am 04.Februar 2015
In Rachel Musson und Corey Mwambas Musik klingt viel Jazz mit. Die beiden Improvisatoren aus London bzw Derby in England waren zu Gast bei Soundtrips NRW – look inside. Diese Konzertreihe ermöglicht profilierten Improvisatoren, meist aus dem Ausland, eine Tournee durch bis zu 9 Städte in NRW. Hierbei liegt der Fokus einerseits auf der Präsentation gewachsener Ensembles, die eine eigene Klanglichkeit entwickelt haben und zum anderen auf der Begegnung mit profilierten Improvisationsmusikern aus NRW.
Der enge Kontakt des Duos lies sich am gemeinsamen Atem ablesen, den Pausen, die immer wieder entstanden, die kleine Sequenzen von einander absetzten. Das wirkte bisweilen fast konzeptuell, so synchron agierten die Tenorsaxofonistin und der Vibraphonist.
Die Musik, die hier erklang, erinnerte in der Machart durchaus an das momentbezogene, abstrakte Improvisations-Spiel englischer Schule, das keine grossen dramaturgischen Bögen schlägt, sondern in der Verdichtung des einzelnen Moments eher als zeitlos, von Klang zu Klang wirkt. Und so war es genau dieses Zustandhafte, was am Mittwoch Abend entspannte Ausflüge ins komplett Geräuschhafte, eruptive Felder oder plötzliche zarte Momente von grosser Intensität trug. Getragen auch von vielen eher neutralen Momenten des Gemeinsamen, immer wieder in teils tonalen Feldern sich umspielend, stets fliessend, fast kontemplativ, nie nebeneinander her, aber auch selten Spannung durch Gegensätze suchend.
Diese waren eher dem zweiten Teil des Abends vorbehalten, in dem der Münsteraner Gitarrist Erhard Hirt und Achim Zepezauer aus Dortmund mit elektrischer Gitarre bzw elektronischem Setup das Spiel neu definierten. Die beiden NRW-Musiker brachten nicht nur ihre eigenen Klänge ein, sondern verfremdeten auch die akustischen Klänge von Saxophon und Vibraphon, legten so ein völlig anderes Klangfundament. Die Pausen der ersten Hälfte waren nun aber nicht gänzlich verschwunden, sie waren vielmehr gefüllt, klingende Momente des Verweilens.
Missverständnis, Suche, unverhoffte Übereinkunft, sehr konkrete Momente (bis hin zu Weizsäcker-Originalklängen durch Zepezauer), Humor (!) und Transformation wurden hier von vier hervorragend hörenden Spielern präsentiert. Abgrenzung und Integrierung…Solches Spiel ist nur möglich, wenn alle Beteiligten bereit sind, persönliche Vorlieben zugunsten des Gemeinsamen beiseite zu stellen. So löst sich beispielsweise eine exponierte, vom Saxophon fast solistisch geprägte Passage auf in einer gemeinsamen, vier- oder mehrstimmigen Textur, aus der wiederum ein elektronisches Duo hervorgeht. Und das, weil es niemand geplant hat.
Es ist nicht nur die gute Musik, die einen gelungenen Abend improvisierter Musik ausmacht sondern vor allem, WIE miteinander gespielt, umgegangen wird. Und das ist auch ein ästhetischer Inhalt: In Klang ausgedrückter Kontakt, Spiel ohne Zwang, aber auf der Basis des souveränen Umgangs mit der eigenen Stimme und mit den ungeplanten, hoffentlich überraschenden Aktionen der Mitspieler. Mit-Spieler, wohlgemerkt, denn die Qualität des Spiels macht hier die Qualität der Musik aus.